Charly Vozenilek

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Das siebte Kreuz



Foto: Barbara Pálffy

"Das siebte Kreuz" im Dschungel Wien Anna Seghers berühmter

Roman in einer bedrückend-berührend-zeitlos-aktuellen Version

für junges Publikum.

 
 
   

Traute, fast idyllische Zweisamkeit einer Tochter und ihrer Mutter. Sie liest in einem dicken Buch,
die Mutter bittet sie liebevoll, schlafen zu gehen. Anna bettelt, wenigstens noch eine Seite lesen
zu dürfen und verspricht, dies aber dann ohnehin schon im Bett tun zu wollen. Liebevolle, zärtliche
Gute-Nacht-Verabschiedung mit dem sweeten Song „Oh oh I love you baby,
I love you so“ (u.a. in der Version Paul Ankas berühmt geworden).

Brüche

Das siebte Kreuz
Foto: Barbara Pálffy
Doch irgendwie... naja, einerseits scheint schon das Ambiente der Wohnung – mit einem Hauch von Grindigkeit –
einen Bruch zur Idylle darzustellen. Zum anderen aber ist es das Wissen um die Story von Anna Seghers
„Das siebte Kreuz“. Ein Roman, der auf wahren Geschichten aufbaut. Sieben Flüchtlinge eines Lagers entkommen.
Dessen Kommandant lässt schon für jeden einen Baum zum Henkerspfahl umfunktionieren. Sechs werden von seinen
Schergen gefangen genommen und aufgehängt. Der siebente entkommt.

Bedrohungen

Das siebte Kreuz
Foto: Barbara Pálffy
Genau, der landet hier in dieser Wohnung, wo er Zuflucht erhofft. Doch noch zuvor kippt Elisabeth nachdem
ihre Tochter eingeschlafen ist und sie sich ihrer Verzweiflung hingeben kann (ihr Mann, der im politischen
Widerstand gegen die Diktatur war, wurde ermordet – was erst viel später nach und nach erzählt wird)
eine Handvoll Tabletten nach der anderen in sich rein und lässt sich in die Wanne sinken.

Der Flüchtling, der in die Wohnung eindringt, rüttelt und schüttelt sie ins Leben zurück. Was Anna als sie

munter wird, nicht mitbekommen hat, den Fremden für eine bedrohlichen Eindringling hält, der noch dazu

immer wieder mit einer Pistole herumfuchtelt.

Da kommt die nächste Bedrohung – Polizei auf der Suche nach dem Flüchtling, der gerade noch notdürftig

von Mutter Elisabeth versteckt werden kann... Dafür wird eine Nachbarin mit auf den Posten geschleppt –

ausgelöst von der denunzierenden Hausbesorgerin...

Aktualisiert

Das siebte Kreuz
Foto: Barbara Pálffy
Das theater wozek rückt die Story ein wenig aus Zeit und Raum. Einige Utensilien (etwa Handy) lassen
sie im hier und heute spielen, Diktatur ist nicht zwingend der Rahmen – der Umgang mit Flüchtlingen und
ihre Abschiebungen, Misshandlungen ins Schubhaft soll auch schon in Demokratien vorgekommen sein.

Genial-arges Schau- und Bilderspiel

Fein und differenziert arbeitet das zentrale Trio (Elisabeth – Marion Rottenhofer, Georg – Charly Vozenilek

 

und Anna – Julia Vozenilek) die Schwankungen zwischen Bedrohung und Annäherung wunderbar spielend

heraus. Besonders hervorzuheben ist dabei die Leistung der erst 15-jährigen Julia Vozenilek, die in diesem

Stück so viel im Zentrum steht wie in keinem ihrer bisherigen Produktionen. Und obendrein hier einige schier

ansatzlosen Auszucker punktgenau und voll glaubhaft ausspielt. Da kommt's mitunter auf den Bruchteil einer

Sekunde an!

 

Hervorragend auch das nicht unübliche Spiel bad cop/“good“ cop. Felicitas Lukas als bitterböse

Kriminalbeamtin Fischer, die mit wenigen herausgeschossenen Sätzen und zackigen Bewegungen

von der ersten Sekunde ihres Auftritts an Angst und Schrecken verbreitet. Und ihr scheinbar

offenerer, liberalerer Chef, der sich hingegen in den Verhörszenen zum abgeklärten Zyniker mausert.

Das siebte Kreuz
Foto: Barbara Pálffy
Und erschreckend genial die die Brutalität von Elisabeths Verhör zeigende Abfolge von eingeblendeten
Fotos. Kein ausgeführter Schlag, „nur“ einmal eine angesetzte Pistole, ansonsten entsprechende
Kopfbewegungen, mehr und mehr rote Farbe im Gesicht und kontrastiert vom oben schon genannten
Sülze-Song – brutale Realität leider wohl in jeder Sekunde im jetzt.

 

Und doch bleibt am Ende...

Heinz Wagner



Aus welchem Grund?

Suche nach Werten, Freiheit und überhaupt allem - als Film, Gesänge und szenisches Spiel

 21.12.2011, 20:19 

Sucht.Quartier vom Theater Wozel im Palais Kabelwerk

Suche nach Sinn, Werten, Freiheit, Grenzen und „dem Gesetz“, jenem vor dem ein Türsteher den Eingang versperrt – in einer szenischen Collage nähert sich die jüngste Produktion des Theaters Wozek diesen Fragen in einer vielfältigen Weise – derzeit im Palais Kabelwerk.

Dreh- und Angelpunkt ist ein Franz Kafkas „Türsteherlegende“. Ein Bürger („ein Mann vom Land) begehrt Einlass ins Gebäude, um zu seinem Gesetz/Recht zu kommen. Grundsätzlich ja, aber (noch?) nicht jetzt. Damit wird er von einem Mal aufs andere vertröstet.

Gedanken- und echte Reisen

  Sucht.Quartier vom Theater Wozek im Palais Kabelwerk

Kierling, Drasenhofen, Prag – sind die sichtbaren Stationen des Films der die Reise der Darsteller_innen im „Hintergrund“ zeigt.

Im Vordergrund stellt Marion Rottenhofer – mal in einer Art Gazepyramide, mal auf einem kleinen stufenförmigen Podest ewig viele und noch drei Fragen wie „wollen Sie die Menschheit retten? Aus welchem Grund. Wollen Sie reich sein? Jemanden für ihre Heimat töten? Glauben sie an die Existenz einer Seele?“ Stets gefolgt von der in die vorhin zitierte Form der Frage nach dem warum.

Live im Vordergrund interpretieren dazu die einheitlich schwarz-weiß gekleideten Roman Binder, Martin Oberhauser und Charly Vozenilek Kafkas Text - mal rappend, mal beatboxend, mal als (uralten) Schlager oder als Tango. Dazwischen spielen sie rund um Aussagen, Fragen und Gedanken dazu Szenen. Mitunter steigen sie daraus wieder aus, um sich darüber zu unterhalten, wie das eine oder andere gespielt werden könnte/sollte – „wie spielt man einen Floh?“

Spielen mit klassischem Text

  Sucht.Quartier vom Theater Wozek im Palais Kabelwerk

Ein spannendes Vergnügen für Gedankenspiele, fürs eintauchen, drehen und wenden eines mehr oder minder bekannten Textes.

Heavy wird’s als die Frage, an die eigenen Grenzen gehen, gar sie vielleicht zu überschreiten samt einer (natürlich Theater-)Pistole, ins Spiel kommt.

 

Übrigens: Sucht.Quartier ist auch die Premiere für die erst 14-jährige Julia Vozenilek. Die Tochter von Regisseur Karl Wozek und Charlys Schwester hat zwar nur wenige Kurzauftrittem aber gerade solche müssen sitzen. Und sie tun’s. Bei der Premiere war die Jungschauspielerin, wie sie dem KiKu gesteht, auch entsprechend nervös. Und „verrät“, dass sie definitiv nach der Matura auch eine Schauspielausbildung in Angriff nehmen wird.

Infos

  Sucht.Quartier vom Theater Wozek im Palais Kabelwerk

SUCHT.QUARTIER

Roadmovie / Drama/Expedition durch Kafkas visionäre Welt.

 

TEAM

Darsteller_innen: Marion Rottenhofer, Roman Binder, Martin Oberhauser, Charly Vozenilek,

Julia Vozenilek

Chor: Die Zufälligen

Bühne: Charly Vozenilek

Kamera/Schnitt: Roman Binder

Konzept/Buch/Regie: Karl Wozek, Franz Kafka






Theater: William Shakespeare: Romeo und Julia

Liebe, Tod und Tränen

 
Von Mathias Ziegler
  • Das berühmteste Liebespaar der neuzeitlichen Literaturgeschichte ist seit Freitag zurück auf der Rosenburg. Nach dem großen Erfolg der ersten Aufführung von "Romeo und Julia" im Jahr 2002 wird heuer erneut im Renaissanceschloss in Niederösterreich geliebt, erstochen und gelitten.
 
Charly Vozenilek (Romeo) und Uwe Dreysel (Tybalt) im Zweikampf. Foto: Stefan Smidt
 
Charly Vozenilek (Romeo) und Uwe Dreysel (Tybalt) im Zweikampf. Foto: Stefan Smidt
 

Der Intendant heißt diesmal Alexander Waechter (seit 2004 leitet er die Shakespeare-Sommerfestspiele), der Aufführungsort ist diesmal nicht der Burghof, sondern das Rondeau vor dem Schloss, und auch das Ensemble ist ein anderes. Die Handlung der Tragödie aber, die ist gleich geblieben: Dass Romeo und Julia am Ende sterben müssen, daran führt kein Weg vorbei. Und auch die Qualität ist gewohnt hoch. Wer in den vergangenen Jahren die Shakespeare-Festspiele auf der Rosenburg besucht hat, wird auch diesmal zufrieden nach Hause fahren. Denn wieder einmal wurde die alte Sprache so behutsam adaptiert, dass es fast nicht auffällt. Die Kostüme sind zwar leicht futuristisch angehaucht, wirken aber nicht deplaziert. Und auch die neuen Ensemblemitglieder haben das turbulent-unverschämt-melancholische Wesen, das Waechters Shakespeare-Intendanz ausmacht, bereits verinnerlicht. Ja, und ordentlich fechten geübt haben die Burschen auch, sodass man fast von einer Mantel-und-Degen-Inszenierung sprechen könnte, hätte das Wort nicht durch einschlägige C-Movies einen gewissen Beigeschmack bekommen.

 

Seis drum. Es ist eine rasante Aufführung, wie man sie sich als Stammgast erwartet. Es sind viele Feinheiten im Text, die nicht nur von William himself stammen. Und es sind schauspielerische Highlights, die zum Teil so schräg sind, dass sie schon wieder authentisch wirken: Da wäre zum Beispiel Tania Golden, die als romantisch-pragmatische Amme in Hella-von-Sinnen-Manier den meisten Applaus erntete. Oder Christian Erdt als penetrant-zotiger Mercutio, aus dem die Doppeldeutigkeiten schneller hervorschießen als aus einer AK-47. Petra Straussovás Julia-Interpretation allerdings sorgt zunächst für etwas Ratlosigkeit: Hier wechseln kindliche Schüchternheit und frauliches Begehren etwas zu rasch. Dafür sind die Gefühlswallungen in Charly Vozenileks Romeo förmlich greifbar. Die beiden Eckpfeiler des Ensembles, Alexander Waechter als Graf Montague und Erich Schleyer als Graf Capulet, halten sich diesmal sehr zurück und überlassen den Jüngeren weitgehend das Feld. Und so nimmt sie ihren Lauf, die Tragödie, in der zwischen all den Tränen um die Toten auch gelacht wird (wenn auch nur im Publikum). Zum Beispiel, wenn der tödlich verwundete Mercutio lamentiert, er sei "von einer Gelse erstochen" worden - und es gleichzeitig das halbe Publikum juckt. Am meisten leidet aber Bernhard Majcen. Der hat sich nämlich just am Premierentag die Hüfte geprellt und hinkt nun am Krückstock, sodass sein tränkemischender Bruder Lorenzo an den US-Serienarzt "Dr. House" erinnert. Auch wenn der Gag laut Majcen nicht beabsichtigt war - genau solche Kleinigkeiten machen den Reiz der Inszenierung aus.

Theater

William Shakespeare: Romeo und Julia

Rosenburg

Regie: Carolin Pienkos

Mit: Alexander Waechter, Erich Schleyer,
Charly Vozelinek, Petra Straussová, Tania Golden, Daniel Feik, Bernhard Majcen u.a.


DARKSITE

Darksite – die Premierenkritik
Ein beeindruckender Theatertext für junges Publikum ab 15 Jahren fand am 28. November 2007 im Dschungel Wien seine nicht minder beeindruckende österreichische Erstaufführung: Darksite, ein bitterböses Stück rund um Sozialverwahrlosung und Missbrauch.
 
Die Autorin Edna Mazya, die als eine der bedeutendsten Autorinnen Israels gilt, hat diesen brisanten Text verfasst, der in der österreichischen Erstaufführung von Regisseurin Corinne Eckenstein in einer Koproduktion von Theater Foxfire & Dschungel Wien kongenial umgesetzt wurde. Ilai und Max Berger leben in der Wohnung ihrer Eltern. Freundin Didi hat ebenfalls hier ihre Zelte aufgeschlagen. Die gestressten Eltern sind zumeist abwesend und kommunizieren mit ihren Kindern per Telefon oder Video-Sitzungen. Die drei Jugendlichen verlassen kaum mehr das Haus und kippen immer tiefer in Welten, die sie sich sukzessive selbst erschaffen. Das aktuelle Projekt der drei ist eine Website zum Thema Angst. Dafür locken sie Menschen in ihre Wohnung, jagen ihnen Angst ein und filmen sie dabei. Der Pizzajunge (Cornelius Edlefsen) zu Beginn des Stückes ist ein willkommenes Opfer, glaubt er doch wirklich, eine Leiche im Haus gefunden zu haben, die sich jedoch bei näherem Hinsehen als äußerst lebendig herausstellt. Die makaberen Spiele der drei bringen aber nicht nur zynischen Frohsinn ins Haus. Konflikte zwischen den Jugendlichen werden damit nur kurz überdeckt und brechen bei der kleinsten Gelegenheit wie eine eitrige Wunde wieder auf.
 
Anti-Familienleben
Die fragilen Gefühlszustände werden von Alma Hasun, Charly Vozenilek und Felix Alexander Rank wie auf einer Hochschaubahn ausgelebt. Wobei Corinne Eckenstein die Mittel der Überhöhung sorgsam einsetzt und diese nie der reinen Effekthascherei opfert. Einige der körperbetonten, fast tänzerischen Sequenzen wirken wie ein nach außen Stülpen innerer Befindlichkeiten und geben den Figuren eine Vielschichtigkeit, die jenseits des Textes liegt. Die Auftritte von Didis Mutter (Julia Köhler) vermitteln eine Ahnung davon, worauf sich Didis Stärke und Zorn aufbaut. Mit einem derart schwachen und gebeugten Frauenbild will sie nichts zu tun haben. Alma Hasun in der Rolle der Didi spielt ungemein nuancenreich. Das verletzte Kind in sich hat sie internalisiert und lässt es naturgemäß nur momenteweise hinaus. Auch die Video-Sitzungen mit Ehepaar Berger (herrlich: Helmut Berger und Cornelia Köndgen) geben einen Einblick in dieses Anti-Familienleben. Dabei werden auch die emotionalen Unterschiede zwischen dem älteren und zynischen Ilai (sehr souverän: Charly Vozenilek) und dem jüngeren Bruder Max gut herausgearbeitet. Felix Alexander Rank bringt dessen Labilität und Drogenabhängigkeit in einer verstörenden Exzentrik auf den Punkt.
 
Chat mit Big Daddy
Noch ist das ganze ein böses Spiel. Richtig gefährlich wird es aber, als sich Didi, Ilai und Max auf einen Chat mit einem Pädophilen namens Big Daddy einlassen. Sie selber agieren mit dem Nickname Baby Doll. Didi, der die ganze Sache zeitweise unheimlich ist, kann der Versuchung nicht widerstehen, die Sache auf die Spitze zu treiben und beginnt mit dem pädophilen Mann zu telefonieren. Dabei wird sie sich langsam bewusst, dass sie von ihrem eigenen Vater als Kind missbraucht wurde. Der Live-Chat und das Telefonieren zwischen Big Daddy und Baby Doll bekommt eine Intensität mit Gänsehautcharakter Tristan Jorde in der Rolle des Pädophilen bleibt jede Sekunde glaubhaft und hält die Spannung am Kochen. Seine verführerische Stimme wirkt in keinem Moment aufgesetzt, seine inneren Gedankenabläufe sind quasi zu erfühlen. Wie diese wahnsinnige Geschichte von Autorin und Regie finalisiert wird, ist wirklich sehenswert und mit skurrilem Humor gewürzt. Das Ende wird daher an dieser Stelle nicht verraten. 
- Kulturwoche, Evelyn Blumen




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